Wie sprechen wir über unseren eigenen Körper?

Bodyshaming haben wir angeblich zurück in den Giftschrank der 2000er gesperrt. Wir verbannen gewaltvolle Sprache über Körper immer mehr aus unserem Leben, aber vergessen dabei möglicherweise eine wichtige Person: uns selbst.

Das Bild zeigt zwei eng umschlungene Frauenkörper in schwarzen Bikinis, die in der Sonne liegen.

© Panagiota Fougia, saucy magazine

Lesehinweis: In diesem Text geht es um die Abwertung von Körpern, wenn das ein sensibles Thema für dich ist, lies den Text nicht allein oder springe einen Beitrag weiter.

 

Hass der modernen Frau richtet sich keinesfalls mehr gegen andere Frauen und marginalisierte Menschen. Feminismus lässt uns erkennen, dass wir keine Konkurrent:innen, sondern Verbündete sind, dass weder Fat- noch Skinnyshaming in Ordnung ist. Andere Körper zu kommentieren und zu bewerten, das ist so 2000er. Alle sind gut so wie sie sind. Zumindest versuchen wir, das Tag für Tag ein wenig mehr zu lernen. Hier sind sich gesellschaftspolitisch Interessierte ausnahmsweise ziemlich einig: Bodyshaming gehört in den Giftschrank. Diese Regel wird konsequent angewandt auf dicke, dünne, alte, junge, behinderte oder nichtbehinderte Körper. Nur eine salonfähige Ausnahme scheint es weiterhin zu geben: die gewaltvolle Sprache über den eigenen Körper.

„Ok wow, sehe ich in dieser Scheibe fett aus“, „Ich habe halt weder Titten noch Arsch, das findet niemand gut“, „Ich habe ja eh so einen fetten Arsch“, „Boah, ich habe schon wieder so eklige Pickel“, „Meine Beine sehen auf dem Bild aus wie Wiener Würstchen hahaha“, „Manchmal gucke ich mich selbst an und komme mir so viel zu viel vor“, „Ich weiß, dass ich nicht dick bin, klar, aber ich will halt nicht so skinny-fat sein, weißt du wie ich meine?“, „Ich möchte jetzt mal Pilates machen, wegen meinem monströsen Oberkörper, das ist mehr formend als Krafttraining“.

So würden meine Freundinnen für kein Geld der Welt über andere Frauen sprechen. Über uns selbst sagen wir diese Dinge aber, ohne mit der Wimper zu zucken. Wir wissen, dass alle denselben kapitalistisch-patriarchalen Strukturen ausgesetzt sind, die uns unaufhörlich einbläuen, nicht richtig zu sein. Deswegen lassen wir Milde mit anderen walten. Widersprechen ihnen im richtigen Moment, hören aufmerksam zu und versuchen, alles richtig zu machen. Weil wir auch wissen, dass Worte zu Waffen werden können. Der Widerspruch ist berechtigterweise groß, wenn ein Mann den Körper einer Frau abwertet. Ohrenbetäubend still wird es jedoch, wenn es die Frau selbst ist, die ihren Körper vor Gericht stellt.

Indem wir gewaltvoll über unseren Körper sprechen, erhalten wir die Idee aufrecht, dass es grundsätzlich in Ordnung ist, so strenge Maßstäbe an Körper anzulegen. Wir befeuern Vergleiche, denn wenn die Haut, Beine oder Brüste meiner Freundin so ungenügend zu sein scheinen, wie steht es dann um meine Haut, Beine oder Brüste? Wenn die Frauen in meinem Leben nur Schlechtes im Spiegel sehen, was sehen sie dann in mir? Indem wir gewaltvoll über unseren eigenen Körper sprechen, bleibt die Beschämung von Körpern genau da, wo sie jetzt noch ist: mitten unter uns.

Grundsätzlich sollte jede:r sagen dürfen, was sie oder er möchte, besonders, wenn es um den eigenen Körper geht. Diese Deutungshoheit liegt bei uns allein und bei sonst niemandem. Fest steht auch, dass komplexe Verhältnisse zum eigenen Körper in unserer komplizierten Welt nicht durch Bodypositivity und ein bisschen Achtsamkeit aufgelöst werden. Die Idee, gewaltvolle Sprache über Körper aus dem Leben zu streichen, geht vorbei an der Lebensrealität von vielen Menschen, die mit genau jener gewaltvollen Sprache regelmäßig konfrontiert werden. Es wäre auf eine peinliche Art illusioniert, das enge Verständnis von Normschönheit aus der Utopie einer gewaltfreien Sprache über Körper auszuklammern. Wir können die Sprache über Körper nicht anzweifeln, ohne Normschönheit grundsätzlich in Frage zu stellen.

Vielleicht gelingt es uns trotzdem oder gerade dadurch, die Welt weiter zu einem Körper-freundlicheren Ort zu machen. Gewaltvolle Sprache über Körper sollte in keinem Fall gesellschaftsfähig sein. Auch nicht dann, wenn sie sich gegen uns selbst richtet. Die Milde, die wir anderen entgegenbringen wollen, sollte vor uns nicht Halt machen. Mehr Konsequenz in der Akzeptanz von Körpern, das sind wir uns schuldig.

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Nein man, ich will noch nicht geh’n!

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